1. Chronologie: Der Deutsche Wein in den Jahren 1930 bis 1945

 

1930:

Hektarertrag: 39,4 hl/ha.

Gesamtertrag: 2,81 Mio. hl.

Bei der Ernte handelte es sich um eine ansehnliche Menge, die Qualität ließ teilweise zu wünschen übrig. Entsprechend der politischen Radikalisierung dieser Jahre taufte man den Weinjahrgang in diesem Herbst „Krakeeler“.

 

Das Jahr war für den deutschen Weinbau ein Sorgen und Notjahr. Der Niedergang der deutschen Wirtschaft, deren Lage sich immer mehr verschlechterte, brachte zwangsläufig die schlimmsten Aufwirkungen für den Weinbau und den Weinhandel. Die deutschen Winzer hatten somit ein gerütteltes Maß an wirtschaftlicher Not und Elend zu ertragen. Nicht nur die kleinen Weinbauern, sondern auch die Besitzer großer Weingüter führten einen schweren Existenzkampf, denn die Verschuldung nahm immer mehr zu, da die Absatzkrise und die niedrigen Preise jeden wirtschaftlichen Aufstieg unmöglich machten. Erfreulicherweise zeigte sich gegen Jahresende ein leichter Anstieg der Preise, und so hoffte man auf eine allmähliche Besserung der Verhältnisse und den baldigen Beginn eines Wiederaufstiegs.

 

Es erfolgte auch im gleichen Jahr die Reform des Weingesetzes von 1909. Danach war Alkoholzusatz untersagt, der Verschnitt von Rot- und Weißwein sowie der Verschnitt ausländischer und deutscher Weine verboten (siehe auch Kap. 2.). Die landwirtschaftlichen Genossenschaften, unter denen die Winzer- und Weingärtnergenossenschaften eine immer größere Gruppe bildeten, schlossen sich zum „Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften - Raiffeisen e.V. zusammen“.

 

1930 betrug der Weinimport ins Deutsche Reich ca. 647.000 hl im Wert von 34,1 Mio. RM, der Weinexport 48.489 hl im Wert von 11,1 Mio. RM.

 

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1933:

Hektarertrag: 25 hl/ha.

Gesamtertrag: 1,80 Mio. hl.

Weltweinernte: ca. 130 Mio. hl.

Der deutsche Anteil an der Weltweinernte betrug somit 1,38%.

Nach einer niederschlagsreichen Vegetationsperiode mit starkem Springwurmbefall wurde ein ausgezeichneter Wein mit vielen Spitzengewächsen geherbstet.

Den Jahrgang nannte man „Gleichschalter“. Nicht belegt ist, ob dies mit der Ernennung von 20 linientreuen Bauernführern zusammenhing.

Im August 1933 trat das Reichsnährstandsgesetz in Kraft.

Der durchschnittliche Weinkonsum wurde in diesem Jahr wie folgt geschätzt: (Liter pro Einwohner):

Deutsches Reich         3,6

Österreich                16

Schweiz                    60

Italien                     100

Frankreich              140

 

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1935:

Hektarertrag: 58,2 hl/ha.

Gesamtertrag: 4,17 Mio. hl.

Der Anteil des Weins am Gesamtwert der landwirtschaftlichen Produktion betrug in diesem Jahr 1,3% (siehe Statistik XVII).

Die Lese ergab einen hohen Ertrag besonderer Güte. Viele fruchtige, elegante Edelweine konnten ausgebaut werden. Dem Zeitgeist entsprechend taufte man diesen Jahrgang „Rassereiner“.

Auch das Weinrecht wurde geändert: Man legte die Anbaugebiete jetzt genau fest und regelte ihre Kennzeichnung. Die Ausführungsbestimmungen hierzu wurden jedoch erst im Folgejahr am 7.1.1936 veröffentlicht.

 

1936:

Hektarertrag: 45,8 hl/ha.

Gesamtertrag: 3,32 Mio. hl.

Die Vegetation in den Weinbergen war sehr unterschiedlich. In Rheinhessen und der Pfalz fiel noch an Ostern Schnee, zum Teil ergab sich ein Fehlherbst. Im Reichsdurchschnitt war der Ertrag aber nicht schlecht, die Qualitäten ließen freilich zu wünschen übrig. Nach einer Serie mengenmäßig großer Jahrgänge kam es allerdings zu Vermarktungsproblemen. Und hier griff der nationalsozialistische Zentralismus ein: Den Weinorten im westlichen Reichsgebiet wurden seit 1935 Patenorte zugeordnet, deren Einwohner nur den Wein ihrer Lagen trinken sollten. Außerdem verordnete man einen allgemeinen Preisstopp. Bei so viel Pflicht und Ordnung war es folgerichtig, dem Wein dieses Jahrgangs den Namen „Rekrut“ zu geben.

 

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1937:

Hektarertrag: 34,2 hl/ha

Gesamtertrag: 2,5 Mio. hl.

Im Deutschen Reich machte wieder ein Jahrhundertwein Karriere. Dieser Ausnahmejahrgang brachte vorzügliche Qualitäten mit einem hohen Anteil an Spitzenerzeugnissen. Die vollfruchtigen Weine erweisen sich als überaus haltbar, weil bei aller Edelsüße die Balance durch eine gute Säure gewahrt wurde. Zunehmend wurde jetzt auch von Flaschenwein gesprochen; in Württemberg hieß es z.B., dass der „zukünftige Weinabsatz sich hauptsächlich auf den Flaschenverkauf erstrecken wird, da hierdurch die Qualität des Weines dem Verbraucher erhalten werden soll.“ Der Jahrgangsname „Bomber“ lässt fantasievolle Spekulationen zu.

 

1938:

Hektarertrag: 33,4 hl/ha

Gesamtertrag: 2,45 Mio. hl.

Die Weinlese dieses Herbstes brachte bzgl. Menge ein akzeptables Ergebnis; die Qualität reichte von durchschnittlich bis zu vorzüglichen Spitzenweinen. Zum letzten Mal vor Kriegsbeginn gab man dem Jahrgang einen Namen: „Friedenstropfen“ – war das hoffnungsvolles Wunschdenken oder Zynismus?

 

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1939:

Hektarertrag: 41,6 hl/ha

Gesamtertrag: 2,99 Mio. hl.

Ende August 1939 fand in Bad Kreuznach an der Nahe ein internationaler Weinbaukongress statt. Mit Spannung wurde wegen drohender Kriegsgefahr die Rede des Reichsbauernführers Walter Darré erwartet. Er sprach nicht über Krieg, auch kaum über Wein. Vielmehr rief er die Kongressteilnehmer dazu auf, die Eigeninteressen der Winzer und Weinkellereien zu überwinden und sich stattdessen für die gegenseitige Verständigung friedliebender Völker einzusetzen. Kaum eine Woche später, am 1. September 1939, begann mit dem Überfall auf Polen der 2. Weltkrieg. Die meisten ausländischen Teilnehmer des Weinbaukongresses wurden umgehend nach Hause gerufen. Ein paar Tage später erklärte Frankreich, gemeinsam mit Großbritannien, Australien und Neuseeland Deutschland den Krieg.

 

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1942:

Hektarertrag: 15 hl/ha.

Gesamtertrag: 1,00 Mio. hl.

Der Herbst dieses Jahres galt in manchen Weinbaugebieten als Fehlherbst. Die Qualität war sehr unterschiedlich.

Nachdem ein neues, arsenfreies Insektizid gefunden war, wurde 1942 die Verwendung arsenhaltiger Mittel im Weinbau verboten. Sie kamen seit 1920 zur Schädlingsbekämpfung zum Einsatz und waren heftig umstritten.

 

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1945:

Gesamtertrag: ca. 0,5 Mio. hl.

Maifröste hatten die ohnehin durch die Kriegsereignisse stark in Mitleidenschaft gezogenen Bestände noch mehr reduziert. Die Qualitäten gerieten dennoch ganz besonders gut. Der 1945er wurde als Jahrhundertwein gehandelt.

Der Wein wurde in diesem Jahr zu einem bevorzugten Tausch- und Zahlungsmittel. Wein, Kohle, Bauholz und Zement waren eine weit verbreitete Beschaffungskette. Dort, wo nicht geplündert wurde, hatten die Besatzungskommandanturen – auch sie brauchten natürlich Wein – nicht immer die beste Zahlungsmoral.

 

 

Quellen:

-  von Brandt, Karl Friedrich; Uebe, Elisabeth – Das Jahrhundertbuch, Wein und Wirklichkeit 1900-2000, Verlag Gewa Etiketten Bingen, 2. geänderte und ergänzte Auflage Januar 2001

-  Stadtbibliothek Worms

-  Bewerunge, Dr. Wilhelm – Deutscher Wein an Donau und Rhein, Herausgeber: Deutsche Weinwerbung G.m.b.H., Berlin NW 40, 1942

-  Nestler, Gerhard; Ziegler, Hannes (Hrsg) – Die Pfalz unterm Hakenkreuz. Eine deutsche Provinz während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft., Pfälzische Verlagsanstalt Landau, 1993

-  Neitzer, G. – Deutsches Weinarchiv, Die Weinjahrgänge 1400-1979, Vinothek-Verlag, 65375 Oestrich-Winkel

 

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